23.04.2012

Pressemitteilungen

23.04.12
 

Erna de Vries erhält Emsland-Medaille

Landrat Winter: "Um die Aussöhnung nach dem Nationalsozialismus verdient gemacht"


Meppen. „Etwas gegen das Vergessen zu tun, die Erinnerung an den Nationalsozialismus wach halten und sich dabei gerade an junge Menschen wenden, damit sie nicht vergessen“, dem habe Erna de Vries ihr Leben gewidmet. Für ihre große persönliche Leistung um die Aussöhnung in der Gesellschaft übergab Landrat Reinhard Winter in einer Feierstunde im Sitzungssaal des Meppener Kreishauses die Emsland-Medaille an Erna de Vries. Der Kreistag des Landkreises Emsland hatte in seiner Sitzung am 12. März einstimmig die Vergabe der Medaille an die Lathenerin beschlossen.

Als Zeitzeugin und im Nationalsozialismus verfolgte Halbjüdin berichtet Erna de Vries von ihrem persönlichen Schicksal, das stellvertretend für das Schicksal vieler von der NS-Diktatur verfolgten und getöteten Juden steht. Seit 1997 hält sie Vorträge insbesondere vor jungen Menschen, beispielsweise in Schulen. Gemeinsam mit Studierenden der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster, initiierte sie das Projekt „Zeitlupe“, in dem eine 45-minütige Dokumentation über ihr Schicksal entstanden ist. Zu Erna de Vries Engagement zählen auch Veröffentlichungen, zuletzt das Buch „Im Auftrag meiner Mutter – eine Überlebende der Shoah erzählt“.

1943 wurde Erna de Vries mit ihrer Mutter, Janette Korn, von Kaiserslautern nach Auschwitz deportiert. Im September des selben Jahres gehörte Erna de Vries zu den Frauen, die den Weg in die Gaskammer antreten sollten, in letzter Minute aber von einem SS-Mann ausgesondert und dem Lager Ravensbrück zugeteilt wurde. Mit der Befreiung von Ravensbrück durch die Rote Armee am 30. April 1945 konnte sie dem Tod entkommen. Mit den Worten „du wirst überleben und erzählen, was man mit uns gemacht hat“, verabschiedete sich ihre Mutter damals auf der Lagerstraße des Konzentrationslagers Ausschwitz von ihr. Die Mutter hat Erna de Vries niemals wiedergesehen, aber ihr Vermächtnis pflegt sie noch heute.

Nach dem Krieg heiratete Erna de Vries ihren Mann Josef. 1951 kehrte das Ehepaar in den Heimatort ihres Ehemannes zurück. Auch nach dem Tod ihres Mannes 1951 blieb Erna de Vries der Gemeinde Lathen treu und hat bis heute deutliche Spuren hinterlassen: So gab sie den entscheidenden Anstoß für die Aufstellung eines Gedenksteins zur Erinnerung an die Reichsprogromnacht und die ehemalige jüdische Synagoge in 1985.

Im Oktober 2001 erhielt Erna de Vries die Ehrenbürgerrechte der Gemeinde Lathen und 2006 die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Die Emsland-Medaille wird Persönlichkeiten zugesprochen, die sich in außergewöhnlichem Maß um den Landkreis Emsland verdient gemacht haben. Nur 20 lebende Personen können im Besitz dieser emsländischen Auszeichnung sein. „Es besteht kein Zweifel, dass Sie zu diesen herausragenden Persönlichkeiten zählen, die eine solche Ehrung ohne Wenn und Aber verdient haben“, sagte Winter bei der Übergabe.


Bild 1: (v. l.) Landrat Reinhard Winter, Trägerin der Emsland-Medaille Erna de Vries, stellvertretende Landrätin Margret Berentzen und die stellvertretenden Landräte Heinz Rolfes und Willfried Lübs.  
 
Bild 2: (v. l.) Landrat Reinhard Winter, Samtgemeindebürgermeister von Lathen, Karl-Heinz Weber, stellvertretender Landrat Willfried Lübs, Trägerin der Emsland-Medaille Erna de Vries, stellvertretende Landrätin Margret Berenzten und stellvertrender Landrat Heinz Rolfes (Fotos: Landkreis Emsland)